Hier finden Sie eine Übersicht der am häufigsten bei uns behandelten Erkrankungen des Schultergelenks.
Hier finden Sie eine Übersicht der am häufigsten bei uns behandelten Erkrankungen des Schultergelenks.
Schulterdach und Oberarmkopf nehmen den Schleimbeutel in die Zange - Kalk in der Drehmanschette scheuert bei jeder Bewegung. Der Raum unter dem Akromion (Schulterdach) ist sehr begrenzt und wird komplett durch die Sehnen der Rotatorenmanschette und die Bursa (Schleimbeutel) ausgefüllt. Dies unterstützt die Zentrierung des Humerus (Oberarmkopf) auf das Glenoid (Gelenkpfanne). Wegen der engen anatomischen Verhältnisse kann allerdings auch jede Veränderung der Strukturen z.B. eine Entzündung der Sehnen zu einem Impingement (Engpasssyndrom) führen.
Sehr offensichtlich ist dies bei den Tendinitis calcarea (Verkalkungen der Sehnen). Hier verursacht ein zahnpastaartiges Kalkdepot meist in der Supraspinatussehne die Entzündung und Verdickung des Gewebes, das dann unter dem Akromion (Schulterdach) reibt und scheuert. Dies ist bei vielen Bewegungen des Armes sehr schmerzhaft. Es können sehr heftige Schmerzanfälle meist über 1-3 Tage ausgelöst werden, wenn so ein Kalkdepot spontan aufplatzt. In etwa 50% der Fälle kommt es auf diesem Wege zu einer Selbstheilung der Erkrankung. Häufig sitzt der Kalk aber so fest im Sehnengewebe, dass er durch eine Schulterarthroskopie (Schultergelenkspiegelung) operativ ausgeräumt werden muss.
Am häufigsten wird das Impingement (Engpasssyndrom) nicht primär durch eine Verdickung des Sehnengewebes sondern durch spezielle Formen des Akromions (Schulterdach) verursacht. Knochensporne am Vorderrand des Akromions und an der Verbindung zwischen Schulterdach und Schlüsselbein, dem Schultereckgelenk, führen zu einer Begrenzung des Bewegungsraums für die Rotatorenmanschette nach vorne. Wenn durch die Belastungen des täglichen Lebens über Jahre eine nach vorne gerichtete Schulterhaltung hinzukommt, werden Humerus (Oberarmkopf) und Rotatorenmanschette gegen diese Knochenvorsprünge gepresst. Es resultiert das Impingement (Engpasssyndrom) wiederum mit Scheuern und Reiben der Sehnen. Die Bursa (Schleimbeutel) zwischen Sehnen und Akromion (Schulterdach) entzündet sich und verstärkt hierdurch das Impingement. Es kann ein regelrechter Teufelskreis aus Platzmangel – Reiben, Entzündung, Verdickung des Gewebes, noch mehr Platzmangel entstehen.
Bei einem muskulär ideal geführten Schultergelenk entsteht ein Impingement (Engpasssyndrom) seltener. Ein intensives Muskeltraining für die hintere Schultermuskulatur ist daher ein wichtiger Ansatz der Behandlung. Alle Fitnessübungen aber auch Sportarten, die die vordere Schultermuskulatur kräftigen, verstärken die Dezentrierung der Schulter nach vorne und verstärken das Reiben. Sie sollten zunächst unterbleiben. Das richtige Schultertraining kann im Rahmen einer Krankengymnastik erlernt werden.
In vielen Fällen reicht ein Muskeltraining alleine zur Behebung des Impingement nicht aus. Der oben beschriebene Teufelskreis mit Entzündung des Gewebes verursacht oft so heftige Schmerzen, dass gar nicht täglich geübt werden kann. Außerdem verbleibt häufig trotz langen Trainings eine geringe Dezentrierung der Schulter nach vorne, z. B. weil die Anforderungen des täglichen Lebens immer wieder zu Belastungen nur der vorderen Schultermuskulatur und damit zu Fehlhaltungen führen.
Es muss daher sehr häufig operativ der Platz unter dem Akromion (Schulterdach) durch Abtragen der Sporne erweitert werden (Arthroskopische subakromiale Dekompression (ASD)). Wir führen diese Operation seit über 25 Jahren in Vollnarkose über eine Schulterarthroskopie (Schultergelenkspiegelung) durch. Der verdickte Anteil der Bursa (Schleimbeutel) wird entfernt und in Fällen, wo das Schultereckgelenk nicht nur Knochenvorsprünge gebildet hat, sondern selber auch entzündet ist, wird der erkrankte Anteil ohne zusätzlichen Schnitt mit abgetragen. Gerade bei längeren Krankheitsverläufen kann nur durch die Operation verhindert werden, dass die Entzündungen zu ausgedehnten Rotatorenmanschettendefekten führen (s. Kapitel über die Rotatorenmanschettendefekte).
Schreitet ein Impingement (Engpasssyndrom) unbehandelt fort, so führt das Reiben und Quetschen der Sehnen unter dem Akromion (Schulterdach) zu einem Rotatorenmanschettendefekt. (Loch in der Drehmanschette). Ist an dem Geschehen ein Unfall beteiligt, spricht man von einer Rotatorenmanschettenruptur (Riss der Drehmanschette). Beides verursacht gleichermaßen Beschwerden und Funktionsausfälle im Schultergelenk.
Grundsätzlich lässt sich nur mit der Rotatorenmanschettennaht eine normale Schulterfunktion wieder herstellen. Diese Sehnennaht findet im Klinikum Agnes Karll immer über eine Schulterarthroskopie (Schultergelenkspiegelung) statt, indem alle Sehnen der Drehmanschette dargestellt, aus Verklebungen und Narben gelöst und wieder an ihren Ansätzen am Humerus (Oberarmkopf) befestigt werden. Das Impingement (Engpasssyndrom) und Begleitschäden wie z.B. ein Verschleiß der Bizepssehne werden in der gleichen Operation mit behandelt. Zum Einsatz kommen spezielle elektrische Schneidgeräte und Knochendübel mit extrem zugfesten Fäden. Das Operationsrisiko ist sehr gering. Insbesondere treten nach einer Rotatorenmanschettenrekonstruktion über die Schulterarthroskopie (Schultergelenkspiegelung) praktisch nie die früher gefürchteten Wundinfektionen auf. Es können auch sehr große Defekte, die mehrere Sehnen betreffen, und ältere Patienten sowie Patienten mit Begleiterkrankungen wie z.B. dem Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) versorgt werden. An die operative Rekonstruktion der Rotatorenmanschette schließt sich immer eine aufwändige Nachbehandlung an. In den ersten 6 Wochen wird das Schultergelenk mit einer Spezialbandage in leichter Abspreizung des Armes ruhig gestellt. Erst dann kann mit der intensiven Krankengymnastik zur Wiederherstellung von Beweglichkeit und Kraft im Schultergelenk begonnen werden.
Eine Rekonstruktion der Rotatorenmanschette ist nicht immer möglich, z.B. wenn die zu den Sehnen gehörende Muskulatur schon abgebaut ist. Dies sollte bei der Kernspinuntersuchung des Schultergelenkes durch Bilder von der Schulterblattmuskulatur immer mitbeurteilt werden. In dieser Situation verbleiben drei verschiedene Behandlungsmöglichkeiten, die wir unseren Patienten in Abhängigkeit von Alter und Funktionsanspruch anbieten können.
Besteht vor allem ein Problem mit starken Schmerzen im Schultergelenk bei noch guter Beweglichkeit der Schulter bzw. der Möglichkeit im höheren Alter auf Extrembewegungen im Schultergelenk zu verzichten, kann mit einer Schulterarthroskopie (Schultergelenkspiegelung) der Humerus (Oberarmkopf) von Sehnenresten befreit und geglättet werden. Diese Tuberkuloplastik führt in vielen Fällen zu einer lang anhaltenden Besserung der Beschwerden.
Zeigt die Kernspintomographie vor der Operation Schäden an mehreren Sehnen aber nicht an der gesamten Schulterblattmuskulatur, ist eine Teilrekonstruktion der Rotatorenmanschette sinnvoll. Es werden dann mit der Schulterarthroskopie (Schultergelenkspiegelung) die vorderen und hinteren Rotatorenmanschettenanteile genäht. Über eine so wiederhergestellte Sehnenschlinge kann ein verbliebener Rotatorenmanschettendefekt nach einem Muskeltraining funktionell ausgeglichen werden.
Zuletzt gibt es die Möglichkeit durch einen Muskeltransfer (Muskelverpflanzungen) Sehnen der Rotatorenmanschette zu ersetzen. Bei fehlendem Supraspinatus und Infraspinatus wird ein Latissimustransfer über einen Schnitt hinten am Schultergelenk durchgeführt (Verpflanzen des großen Rückenmuskels). Fehlt der Subskapularis kann er durch einen Pektoralistransfer (Verpflanzen des großen Brustmuskels) ersetzt werden. Beide Operationen können nicht gleichzeitig durchgeführt werden, da sich unterschiedliche Nachbehandlungen anschließen.
Wie bleibt eine ausgekugelte Schulter nach dem Einrenken stabil?
Jede Schulterluxation (Auskugeln des Schultergelenkes) hinterlässt Schäden am Halteapparat oder konnte nur passieren, weil schon ein Schaden am Halteapparat des Gelenkes vorlag. Meist werden die Schäden mit einer Kernspintomographie gefunden. In Abhängigkeit vom Alter der Patienten und den festgestellten Begleitverletzungen sollte mit einer Operation verhindert werden, dass eine chronische Instabilität (wiederkehrendes Auskugeln der Schulter) entsteht. Diese zeigt sich durch ein Unsicherheitsgefühl in der Schulter und durch Schulterluxationen (Auskugeln des Schultergelenkes) bei normalen Bewegungen z.B. im Schlaf.
Die meist jungen Patienten (unter 30 Jahre), die durch einen Unfall ihre erste Schulterluxation erlitten haben, können mit einer arthroskopischen Operation (Schultergelenkspiegelung) stabilisiert werden. Es wird der typische Abriss des vorderen Labrums (Gelenklippe), der Bankart-Schaden, repariert.
Anders ist das Vorgehen wenn schon mehrere Schulterluxationen aufgetreten sind. Obwohl in den letzten 20 Jahren versucht wurde, auch diese Patienten mit einer Schulterarthroskopie (Schultergelenkspiegelung) zu versorgen, bestätigen uns die aktuellen Langzeitergebnisse, dass diese Verfahren nicht sicher genug sind. Im Klinikum Agnes Karll Laatzen haben wir daher schon immer die Schultergelenkstabilisierung in solchen Fällen als Operationen mit einem Schnitt durchgeführt. Meist werden die stark geschädigten Strukturen Labrum (Gelenklippe) und Kapsel durch Erzeugen einer kräftigen Narbe am vorderen Pfannenrand neu aufgebaut (Bankart Operation). Aber auch spezielle Situationen mit großem Knochenverlust an der Pfanne und einer großen Hill-Sachs-Delle (Knochenschaden am Oberarmkopf) haben wir schon seit über 15 Jahren mit einer Latarjet Operation gelöst (Verpflanzung eines Knochenspans vom Schulterblatt auf den Pfannenrand).
Nach dem gleichen Schema gehen wir bei der Versorgung der sehr viel selteneren hinteren Schulterinstabilitäten (Auskugeln des Schultergelenkes nach hinten) vor. Nur bei akut oder erstmals aufgetretener hinterer Schulterluxation macht die Stabilisierung über eine Schulterarthroskopie (Schultergelenkspiegelung) mit Naht der Gelenkkapsel Sinn. Öfter wird eine Operation mit Schnitt unter Verwendung eines Knochenspans aus dem Schulterblatt oder auch dem Beckenkamm notwendig.
Es gibt eine Gruppe von Patienten mit multidirektionalen Instabilitäten (extrem lockere Schultergelenke, die in verschiedene Richtungen auskugeln). Teilweise können die Schultergelenke sogar willkürlich ausgekugelt werden. Die zugrunde liegenden angeborenen Veränderungen des Bindegewebes finden sich dann meist nicht nur an den Schultergelenken. Diese Patienten sollten in erster Linie mit einem Muskeltraining und nicht operativ behandelt werden.